Gemäss dem Alterna November Motto: Everything is on TV
habe ich den Sonntagabend vor dem TV verbracht.
Somit habe ich dieses Wochenende zum ersten Mal „die grössten Schweizer Hits“ gesehen.
Genaugenommen nur die letzten Minuten nachdem die Schweiz Weltmeister geworden ist, was aber auch vollkommen reichte.
Was soll ich sagen: Ich bin erschüttert.
Analysieren wir mal dieses geniale Sendeformat:
Wir haben einen alten, senilen Fussballreporter, der ungefähr so witzig ist wie ein offener Beckenbruch, ein Schlagersternchen, dass in der eigenen Sendung singt und diese auch gewinnen wird – das wirkt dann ungefähr so wie der Blatter Sepp, der den WM-Pokal überreichen sollte und ihn dann partout nicht loslassen wollte – und wir haben einen Fernsehkoch-exboybandradioenergyfamilienduelldealornodealmoderator in schwul und einen in hetero.
Diese TV-Clowns massen sich tatsächlich an, vor laufender Kamera über Musik zu diskutieren und ihre Meinung zu aktuellen wie auch alten Hits abzugeben, wobei sie nicht merken, dass das grösste Desaster sie selber sind.
Natürlich könnte ich nun Adrian Stern, die Lovebugs und Züri West (ja, ich zähle euch alle noch zu den Guten) meinetwegen sogar Bligg ein weiteres Mal an den „ihr habt euch verkauft“ Pranger stellen, verbal Amoklaufen und noch ein bisschen auf alle eindreschen. Wäre wahrscheinlich sogar witzig. Aber der Tragödie, die sich hier ein weiteres Mal abspielt, würde dies nicht gerecht.
Ich kann mich erinnern, wie jahrelang verlangt wurde, dass die schweizer Medien sich mehr auf einheimisches Schaffen konzentrieren sollen. Noch vor zehn Jahren wäre ein abendfüllendes Sendeformat mit einheimischen Künstlern völlig undenkbar gewesen. So gesehen hat „Die grössten Schweizer Hits“ die Forderungen nicht nur erfüllt sondern sogar übertroffen.
Be careful what you wish for kann man da nur sagen.
Die Frage bleibt: Kann man als ernstzunehmender Künstler an so einer Sendung teilnehmen? Traurige Tatsache: Es bleibt einem gar nichts anderes übrig. Die Jungs wissen was für eine Scheisse es ist und können einem leid tun, wenn Sie beim Fernsehen wieder einmal gute Miene zu Benis Spiel machen müssen. Denn alle Bands in der Schweiz haben eines gemeinsam: Sie agieren auf einem viel zu kleinen Heimatmarkt und ausserhalb der Schweiz interessiert sich nun wirklich kein Schwein dafür was bei uns angesagt ist. Der deutsche Markt hat 80 Millionen potentielle Käufer, in der Schweiz sind es deren sieben. Wer nur halbwegs von der eignen Musik leben will kommt leider nicht umhin mit dem Teufel (wahlweise in der Gestalt von Francine Jordi oder von Beni Turnherr) ins Bett zu steigen.
Immerhin können diese Bands von ihrer Musik leben. Bei der UBS, Novartis oder auch Saturn zu arbeiten hat auch nicht unbedingt mehr credibility.
Nächste Woche ist das Finale. Ich werde mir eine DVDs ausleihen müssen, denn diese Sendung kann man sich nicht einmal schönsaufen.
Ryan Risiko Rocket
Kommentare zu diesem Beitrag sind erwünscht, allerdings nur von Usern, die keine solchen Kompromisse eingehen und trotzdem auf mehr als zwei Konzerte im Monat mit mehr als 100 Zuschauern (natürlich alle Konzerte zusammengerechnet) kommen.
….und die Null steht.
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